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Grüner Meilen­stein im Hoch­schul­bau

„Nachhaltig, schnell und eigenverantwortlich“: Mit diesem Dreiklang lobte NRW-Wissenschaftsministerin Ina Brandes das neue Gebäude der Fakultät für Psychologie auf dem Campus der FernUniversität Hagen bei dessen Einweihung im April 2024. Das Fazit der Ministerin: Das Vorhaben setze neue Standards im Hochschulbau. Tatsächlich ist der systemische Fertigbau eine Ausnahme unter den öffentlichen Büroneubauten in Deutschland. Nicht nur, dass er in Rekordzeit von gerade einmal zwei Jahren errichtet wurde. Gebäude 11 auf dem Hagener Campus erhielt zudem eine Zertifizierung in Gold im Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB). Knapp 20 Millionen Euro hat das Land NRW in das neue, außergewöhnliche Fakultätsgebäude investiert.

Gefördert im Rahmen der Umweltwirtschaftsstrategie: Umweltwirtschaft Green Economy - stark in NRW

Nachhaltigkeit als Qualitätsmerkmal. Dieser Anspruch wurde in Hagen nicht bloß mitgedacht, sondern war ein wesentliches Kriterium bereits der integralen Auftragsvergabe, in der Entwurf, Fachplanung und Umsetzung gleichzeitig ausgeschrieben und vergeben werden. „Wir haben in unserer Ausschreibung, bei der wir ebenso wie bei der Umsetzung von der rheform GmbH unterstützt wurden, Nachhaltigkeit sehr hoch gewichtet. 

In der Bewertung der Konzepte hat allein dieser Aspekt 20 Prozent der Gesamtpunktzahl ausgemacht“, sagt Wolfram Krunke, Dezernent für Gebäudemanagement und Nachhaltigkeit an der FernUniversität in Hagen. Zum Vergleich: Der Preis floss mit 40 Prozent in die Wertung ein. Ein für öffentliche Bauvorhaben eher ungewöhnliches Verhältnis. „Die Gewichtung von 20 Prozent haben wir zudem noch zweigeteilt: Zum einen waren für uns explizit ökologische Bauweisen ausschlaggebend. Zum anderen hatten wir eine Erfüllungsquote von 65 Prozent im BNB-Bewertungssystem als minimalen Zielwert festgeschrieben. Das wäre Silber.“ 

Letztlich wurde es dann sogar Gold. Für ein öffentliches Gebäude mehr als ein Ritterschlag in Sachen Nachhaltigkeit. Vergleichbare Projekte kann man in Deutschland bislang an einer Hand abzählen.

2 JahreRekordbauzeit im Hochschulbau
20 Miowurden vom Land NRW investiert

Das von der Bundesregierung entwickelte Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen folgt einem ganzheitlichen Ansatz und nimmt den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes in den Blick. Berücksichtigt werden neben ökologischer, ökonomischer und soziokultureller Qualität insbesondere technische Aspekte und Prozesse von Planung und Bau über Nutzung bis Rückbau. Gebäude 11 punktet vor allem mit überdurchschnittlicher Effizienz. Und die beginnt bereits bei der Bauweise. Denn die im Werk vorgefertigten Systemelemente sparen Ressourcen und Zeit. „Das Unternehmen Goldbeck West, Niederlassung Dortmund, das wir als Generalübernehmer verpflichtet haben, hat sich das Thema Nachhaltigkeit explizit auf die Fahnen geschrieben. Für einen Betonbauer ist das außergewöhnlich. Gearbeitet wird etwa mit konstruktiv dünnen Wänden und mit Trägern, deren Materialstärke den Nutzungsbedingungen angepasst ist. Das heißt: Normalerweise sind Betonträger rechteckig; die von Goldbeck laufen trapezförmig zu.“ Das Material kommt also nur genau dort zum Einsatz, wo es tatsächlich gebraucht wird.

12 kWhHeizbedarf pro Quadratmeter werden mit Geothermie gedeckt
35 kWhPrimärenergiebedarf wurden mit Gold-Standard bewertet

Ein sinnvoller Umgang mit Ressourcen ist eine Komponente im nachhaltigen Gesamtkonzept. Und auf die zahlt etwa auch die Nutzung des Regenwassers ein. Eine zweite ist der Einsatz recycelter Materialien, beispielsweise im Hinblick auf Zuschlagstoffe im Beton oder Dämmstoffe. „Wenn Sie die BNB-Zielerreichung schaffen wollen, müssen Sie zwangsläufig bei allen Baustoffen schauen, dass diese BNB-zertifiziert sind. Das betrifft selbst den Teppichkleber“, versichert der Baudezernent. 

Fakt ist: „Das neue Gebäude ist nicht nur nachhaltig, sondern auch exzellent gedämmt. Ausgerechnet wurden uns ein jährlicher Primärenergiebedarf von 35 Kilowattstunden und ein Heizenergiebedarf von zwölf Kilowattstunden pro Quadratmeter. Und das trotz großer Fensterfront.“ Zum Einsatz kommen im Neubau Erdwärme und Photovoltaik. „Wir haben tatsächlich die komplette Dachfläche mit PV-Modulen belegt, mehr passt da wirklich nicht mehr“. Die Anlage mit einer Leistung von 41 Kilowattpeak ist dabei ein Baustein in einer groß angelegten PV-Initiative der FernUniversität. „Auf unserem Campus ist zeitgleich zum Neubau eine PV-Anlage mit 620 Kilowattpeak entstanden.“ 

Neu ist hingegen die geothermische Wärme- und Kälteversorgung mittels Erdwärme. „Das setzen wir mit dem neuen Gebäude jetzt erstmals um.“ Ein spezieller Energieboden in den Räumen dient im Winter als Fußbodenheizung und im Sommer zur Kühlung. Zugleich bietet er möglichst viel Flexibilität im Hinblick auf künftige Anforderungen an den Grundriss: „Die einzelnen Bodenmatten haben eine Breite von 1,25 Metern und werden zentral vom Flur aus angesteuert. Wir können also die Wände um 1,25 Meter verrücken, um andere Zuschnitte zu bekommen, und trotzdem auch dann noch die Temperatur in jedem Raum individuell regeln.“

„Wir haben alles in allem ein sehr nachhaltiges Gebäude geschaffen und dabei festgestellt, dass ein solcher Anspruch auch händelbar ist. Den Vorbehalt, BNB-Gold bedeutet, dass es auch teuer wird, habe ich dabei so nicht gesehen.“

Wolfram KrunkeDezernent für Gebäudemanagement und Nachhaltigkeit

Eine Erfüllungsquote von 65 Prozent im BNB-Bewertungssystem sollten es laut Ausschreibung mindestens sein. 78 Prozent hatte der Dortmunder Generalübernehmer in seinem Angebot garantiert. 85 Prozent Erfüllungsquote in der für Büroneubauten spezifischen Systemvariante des BNB sind es schlussendlich geworden. Gold also statt Silber. Eine Frage des eigenen Anspruchs und des eigenen Ehrgeizes, wie Krunke anmerkt. „Wir haben uns immer wieder mit Goldbeck und der externen Baubegleitung rheform zusammengesetzt und überlegt, wie wir – über zusätzliche Maßnahmen zu vertretbaren Kosten – die Punktzahl noch erhöhen können, was wir in Sachen Nachhaltigkeit noch ergänzend leisten können.“ On top ergab sich so beispielsweise eine gezielte Investition in das Thema alternative Mobilität – konkret etwa in eine eigene Fahrradreparaturstation.

„Wir haben alles in allem ein sehr nachhaltiges Gebäude geschaffen und dabei festgestellt, dass ein solcher Anspruch auch händelbar ist. Den Vorbehalt, BNB-Gold bedeutet, dass es auch teuer wird, habe ich dabei so nicht gesehen.“ Um die während des Vorhabens freigesetzten Emissionen von schätzungsweise 2.000 Tonnen CO2 zu kompensieren hat Goldbeck freiwillige Leistungen erbracht und gemeinsam mit Climate Partner zwei Klimaprojekte in Südamerika zum Schutz des Regenwaldes gefördert. Außerdem wurden auf Initiative der FernUni im Süden der Stadt 2.000 Stecklinge gepflanzt, ein Baum pro Tonne CO2 – als zusätzliches Engagement für die Region.

 „Unser Gebäude für die Psychologie zeigt, dass nachhaltiger Systembau auch im Hochschulbereich sinnvoll sein kann.“ Wegweisend gar. Und das über das Ruhrgebiet hinaus. Ministerin Brandes zumindest habe, so Krunke, in ihrer Rede ausgeführt, „dass das Vorhaben zentrale Aspekte des neuen Masterplans Hochschulbau der Landesregierung bereits vorwegnimmt“.

Auf einen Blick

Im Psychologie-Neubau der FernUniversität in Hagen arbeiten auf 2.717 Quadratmetern Hauptnutzfläche und fünf Etagen zukünftig zwölf Lehrgebiete der Fakultät gemeinsam unter einem Dach. In insgesamt 81 Büros ist Platz für rund 180 Beschäftigte. Hinzu kommen: fünf Laborräume, fünf Konferenz- und Seminarräume, sechs Desk-Share-Bereiche und drei Open-Lounges. Letztere zahlen unter anderem auf ein weiteres wichtiges Kriterium im Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) ein – die Aufenthaltsqualität. 
www.fernuni-hagen.de

Text: Redaktionsbüro Schacht11  
Bilder: Volker Wiciok

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