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Filter setzen Wasserstoff

Innovativ und made in Dort­mund: Komplett­lösung mit grünem Wasser­stoff

Wie lässt sich grüne Energie effizient speichern und antizyklisch nutzen? Auf der Suche nach einer Antwort auf diese zentrale Herausforderung der Energiewende besann sich das Dortmunder Unternehmen Wilo, einer der weltweit führenden Anbieter von Pumpen und Pumpensystemen, auf eine echte Eigenart des Ruhrgebiets – Pioniergeist. Das Ergebnis: der H2Powerplant, ein modulares System, das Überkapazitäten bei der Erzeugung von grünem Strom mittels Elektrolyse in grünen Wasserstoff umwandelt und diesen zwischenspeichert. Ist kein grüner Strom verfügbar, kann der grüne Wasserstoff über Brennstoffzellen rückverstromt werden. Was zunächst als Eigenlösung gedacht war, ist mittlerweile bereit für die serienmäßige Produktion. Dr. Christian Preetz, einer der Wilo-Projektleiter für den Bereich Wasserstoff, berichtet, wie es dazu kam und warum die Unternehmen der Region mit technologieoffenen Lösungen einen nachhaltigen Beitrag zum Klimaschutz leisten können.

Gefördert im Rahmen der Umweltwirtschaftsstrategie: Umweltwirtschaft Green Economy - stark in NRW
  • „Wenn es die passende Lösung nicht gibt, entwickeln wir sie eben selbst“ – ist das der Grundgedanke hinter der Entwicklung des H2Powerplant?

Das könnte man so sagen, obwohl die Beweggründe für die Entwicklung des H2Powerplant tiefer gehen. Tatsächlich hat Wilo das Ziel, klimaneutral zu agieren. Deshalb wurde auf der Smart-Factory im Dortmunder Wilopark auch eine Photovoltaik-Anlage errichtet, zunächst mit einer Leistung von einem, später dann drei Megawattpeak. Relativ schnell hat sich gezeigt, dass zeitweise mehr Strom produziert wird, als wir benötigen. Diese Überenergien hat Wilo zunächst ins Netz eingespeist. Aber das wurde uns erstens nicht vergütet, und zweitens hieß es auch „Das Netz ist überlastet, wir brauchen euren Strom nicht.“ Die Energie ging also schlicht verloren. Was uns zu der Frage brachte, wie man das ändern kann.

  • Es gibt da ja durchaus Lösungen. Warum hat sich Wilo an eine Eigenentwicklung gemacht?

Nun, ein Batteriespeicher hätte bei einer so großen PV-Anlage sehr viel Geld gekostet. Und beim Thema Wasserstoff hieß es von den verschiedenen Lieferanten: „Wir können euch einen Elektrolyseur verkaufen, einen Wasserstoffspeicher oder eine Brennstoffzelle. Aber eine Gesamtintegration können wir nicht.“ Und da hat sich Wilo entschlossen, das Ganze selbst zu konstruieren, und so ist der H2Powerplant entstanden. Diese Entscheidung hat Wilo übrigens 2021, also noch vor dem Ukraine-Krieg, getroffen und mit eigenen Mitteln, ohne Unterstützung des Bundes realisiert.

  • Was kann die Anlage und wie ist sie aufgebaut?

Der H2Powerplant besteht aus fünf Hauptkomponenten und dürfte in dieser Kombination einzigartig sein: den Elektrolyseuren, einem Wasserstoffspeicher, einem Batteriepufferspeicher, den Brennstoffzellen und der Steuerung. Der Elektrolyseur trennt die Molekülverbindungen des Wassers in Wasserstoff und Sauerstoff, und wir bekommen grünen Wasserstoff, in dem die überschüssige Energie gespeichert ist – jährlich bis zu zehn Tonnen. Der Wasserstoff wird in einem 30 Meter langen Tank mit einem Fassungsvermögen von bis zu 520 Kilogramm gelagert. Im Fall einer Unterkapazität können wir dann die Energie über die Brennstoffzelle rückverstromen und als Backup-Energie nutzen. Während der Elektrolyse und auch bei der Rückverstromung wird zudem Abwärme freigesetzt. Deshalb haben wir den H2Powerplant mit dem hydraulischen Wärmesystem unserer Factory gekoppelt und nutzen die thermische Energie dazu, um die Kälte- und Wärmeversorgung auf dem Gelände zu unterstützen. Damit kommen wir dann insgesamt auf einen Wirkungsgrad von bis zu 70 Prozent, der Energieverlust ist also sehr gering. 

  • Die Pilotanlage läuft seit 2022 und markiert den Start in ein neues Unternehmensfeld, richtig?

Es war schnell klar, dass unsere Lösung auch für andere Anwendungsfälle sinnvoll sein könnte. Die Anwendungsfälle sind vielfältig, man kann den H2Powerplant bei Produktionsbetrieben, Logistik-Hubs oder zum Beispiel auch bei Rechenzentren mit sehr viel Kältebedarf einsetzen, wo man die Abwärme der Elektrolyseure und Brennstoffzellen in Kälte umwandeln und die thermische Energie so sinnvoll nutzen kann. Überall dort, wo grüner Strom produziert wird, etwa bei Wind- und Solarparks, fallen zeitweise Überenergien an, die (über das Medium Wasserstoff) zwischengespeichert werden, um die Energie dann nutzen zu können, wenn sie tatsächlich benötigt werden. So können beispielsweise auch Energiespitzen abgefangen werden, was im Ergebnis auch das öffentliche Stromnetz stabilisiert.

  • Wie wird der H2Powerplant diesen sehr variablen Einsatzmöglichkeiten gerecht?

Wilo hat ein modulares System entwickelt, das in verschiedene Größen skaliert werden kann. Das beginnt bei etwa 50 Kilowatt Elektrolyse- und Brennstoffzellen-Leistung und 50 Kilogramm Wasserstoff-Speicherung und geht bis fünf Megawatt bei Elektrolyse und Brennstoffzelle und drei Tonnen Wasserstoffspeicherung. Und damit könnte man dann schon eine kleinere Gemeinde oder einen Ortsteil komplett energieautark versorgen, indem man Windkraft und PV kombiniert und zur Überbrückung einer Dunkelflaute den H2Powerplant nutzt. Wir nennen das Inselbetrieb. Und auch bei einem unserer eigenen, größeren Wasserinfrastrukturprojekte könnte man die Energieversorgung der Pumpenstationen etwa über eine PV-Anlage kombiniert mit dem H2Powerplant sicherstellen. Dann würde die grüne Pumpe energieautark mit grünem Strom versorgt. 

30 Meterlang ist der Wasserstofftank
520 kg Wasserstoff lassen sich hier lagern
  • Ist Energieautarkie das große Ziel?

Wir könnten mit unserer kleinen Pilotanlage tatsächlich bis zu zwei Tage unser Rechenzentrum unabhängig vom Stromnetz betreiben. Wenn wir eine größere Anlage errichten, etwa mit zwei Tonnen Wasserstoffspeicherkapazität und einer Brennstoffzellenleistung von zwei Megawatt, könnten wir im Falle eines Blackouts unsere Produktion ungefähr eine Woche aufrechterhalten. Grundsätzlich ist einfach eine hinreichend große Eingangsquelle nötig. Anders als eine Pumpe ist der H2Powerplant kein Produkt, sondern ein Projekt. Es sind derzeit mehrere Anlagen in Planung, und da geht es dann ganz gezielt um Fragen wie: Wie viel grüne Energie wird produziert, wie hoch sind die Überkapazitäten? Was aber auch wichtig ist: Wir möchten kein überregionaler Energieversorger sein, sondern wir bieten dezentrale Lösungen an. Es gibt die großen Lösungen, die in Gigawatt gedacht werden, etwa den Aufbau eines Wasserstoffgasnetzes. Die sind wichtig. Aber wir sind der Überzeugung, dass es auch dezentrale Lösungen geben muss, um die Energiewende voranzubringen. Und das ist auch Teil der neuen Wasserstoffstrategie des Bundes, die eben auch die Bedeutung von dezentralen, regionalen Lösungen unterstreicht. 

  • Mit Schneider Electric haben Sie ein französisches Partner-Unternehmen an Ihrer Seite. Wie steht es um Ihre Vernetzung bei Forschung und Fertigung innerhalb des Ruhrgebietes?

Schneider Electric liefert die Steuerung und einen Teil der Elektrik. Wir sind aber im Hinblick etwa auf die Elektrolyse in Gesprächen mit regionalen Firmen, auch aus Dortmund. Der H2Powerplant ist ein modulares System, das heißt, wir sind bei den Komponenten nicht an einen Hersteller gebunden.

Vorteile des grünen Wasserstoffs

Wasserstoff, der aus grüner Energie wie Photovoltaik oder Windkraft erzeugt wird, ist CO2-neutral, lässt sich lagern und transportieren. Bereits eine Tonne Wasserstoff, darauf weist Wilo hin, „kann bis zu 33.330 kWh Energie speichern – das entspricht dem Jahresverbrauch von elf Drei-Personen-Haushalten in einem Mehrfamilienhaus“.

Text: Redaktionsbüro Schacht11  
Bilder: WILO

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