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Filter setzen Metropole Ruhr

Größte Floating-PV-Anlage in NRW: Nach­haltiger Nutzen ohne zusätz­lichen Flächen­ver­brauch

Interview: Die lokale Kiesproduktion liefert einen wichtigen Rohstoff für die Region, vom Straßenbau bis hin zum Fundament für Windkraftanlagen ist man auf die Rohstoffe Sand und Kies angewiesen. Als Nebeneffekt der Gewinnung entstehen beliebte Freizeitziele der Metropole Ruhr: Baggerseen. Sie sind – als rekultivierte Landschaften – zugleich ein wichtiger Lebensraum für Flora und Fauna. Dass sie außerdem eine entscheidende Rolle auf dem Feld der erneuerbaren Energien spielen können, belegt das Reeser Familienunternehmen Holemans: Im Mai 2024 nahm der Betrieb im Kieswerk Ellerdonk bei Wesel offiziell die derzeit größte schwimmende Photovoltaik-Anlage (PV) in Nordrhein-Westfalen in Betrieb. Dr. Jürgen Fröhlich, Leiter der Unternehmenskommunikation bei Holemans, erläutert im Interview die Details.

Gefördert im Rahmen der Umweltwirtschaftsstrategie: Umweltwirtschaft Green Economy - stark in NRW
  • Herr Dr. Fröhlich, wenn wir von der größten schwimmenden PV-Anlage des Landes sprechen – von welchen Dimensionen ist dann die Rede?

Dr. Jürgen Fröhlich: Die Anlage, die mit 31 Ankern am Grund des Sees befestigt ist, hat eine Größe von 3,1 Hektar und eine Kapazität von 5,6 Megawattpeak. Umgerechnet in die berühmten Fußballfelder sind das vier komplette Felder. Insgesamt wurden 10.400 Module verbaut, über die wir jährlich rund fünf Millionen Kilowattstunden Strom erzeugen wollen. Das entspricht in etwa dem Bedarf von 2.000 Haushalten.

  • Wieviel davon fließt in die nachhaltige Energieversorgung des niederrheinischen Standortes?

Dr. Jürgen Fröhlich: Wir nutzen etwa 60 Prozent für den Eigenverbrauch des Kieswerks Ellerdonk. Alles, was darüber hinausgeht, speisen wir in das öffentliche Netz ein. Wir erhöhen damit also den Anteil an erneuerbaren Energien im lokalen Strom-Mix. Gleichzeitig entlasten wir durch den hohen Eigenverbrauch deutlich den Strombezug aus dem Netz, der ja noch zum Großteil auf fossilen Primärenergieträgern besteht.

  • Und in der Gegenrechnung: Wieviel CO2 kann das Unternehmen am Weseler Standort künftig durch die Nutzung von Sonnenenergie einsparen?

Dr. Jürgen Fröhlich: Wir rechnen mit jährlichen Einsparungen in Höhe von rund 2.100 Tonnen CO2. Alle Gewinnungs- und Aufbereitungsanlagen laufen elektrisch. Wir erhöhen mit der Eigenerzeugung also unseren Autarkiegrad und bauen mit diesem Projekt die nachhaltige Rohstoffgewinnung weiter aus. Hinzu kommt: Wir übernehmen als Unternehmen eine Schlüsselrolle in Sachen Energiewende. Und das sogar in doppelter Hinsicht.

10.400schwimmende PV-Module
5 Mio.Kilowattstunden Strom pro Jahr
2.100Tonne CO2 Einsparung
  • Inwiefern?

Dr. Jürgen Fröhlich: Unser Geschäftsführer Michael Hüging-Holemans hat diesen Umstand zur Eröffnung der Anlage noch einmal sehr deutlich betont: Für die Energiewende brauchen wir regional verfügbare mineralische Rohstoffe – jedes Windrad braucht allein 2.200 Tonnen Sand und Kies als Fundament. Wir leisten an unseren Standorten also einen wichtigen Beitrag zur Versorgungssicherheit mit diesen in der Region dringend benötigten Rohstoffen. Und gleichzeitig realisieren wir mit schwimmenden Photovoltaik-Anlagen einen enormen Zubau von Kapazitäten.

  • Warum die schwimmende Alternative – hätte es nicht auch eine leistungsstarke Photovoltaik-Freiflächenanlage an Land sein können?

Dr. Jürgen Fröhlich: Tatsächlich benötigen solche Anlagen sehr viel Platz. Und Freiraum ist in einer dichtbesiedelten Region wie der Metropole Ruhr ein rares Gut. Wohnungsbau, Industrie, Landwirtschaft, Rohstoffgewinnung und Naturschutz stehen hier in einem „Wettbewerb“. Dadurch, dass uns ein sogenanntes Gewinnungsgewässer des Kiesabbaus, also ein Teil unseres Betriebsgeländes, als „Standort“ zur Verfügung steht, entsteht nachhaltiger Nutzen ohne zusätzlichen Flächenverbrauch.

“… Freiraum ist in einer dichtbesiedelten Region wie der Metropole Ruhr ein rares Gut. Wohnungsbau, Industrie, Landwirtschaft, Rohstoffgewinnung und Naturschutz stehen hier in einem „Wettbewerb“. Dadurch, dass uns ein sogenanntes Gewinnungsgewässer des Kiesabbaus, also ein Teil unseres Betriebsgeländes, als „Standort“ zur Verfügung steht, entsteht nachhaltiger Nutzen ohne zusätzlichen Flächenverbrauch.”

Dr. Jürgen FröhlichLeiter Unternehmenskommunikation Holemans
  • Sie betonen regelmäßig, dass die Baggerseen und rekultivierten Flächen des Unternehmens echte „Erfolgsgeschichten“ in Sachen Artenschutz sind. Kommen sich Biodiversität und Energiegewinnung nicht in die Quere?

Dr. Jürgen Fröhlich: Die Anlage wurde in einem Teilbereich des aktiven Betriebsgeländes, einem künstlich geschaffenen Gewässer, montiert. Es gab dort keinen Eingriff in die rekultivierten Bereiche. Zudem begleiten wir mögliche Auswirkungen auf Flora, Fauna und Gewässerökologie über ein eigenes Monitoring, mit dem wir ein biologisches Ingenieurbüro beauftragt haben. Die Monitoring-Berichte sind Teil der Genehmigungsauflagen und werden den entsprechenden Behörden vorgelegt. 

  • Die Bauzeit betrug gerade einmal zwei Monate, die Genehmigung der schwimmenden PV-Anlage allerdings zog sich über ganze vier Jahre hin – woran hat es gehakt?

Dr. Jürgen Fröhlich: Weil wir hier „Vorreiter der Energiewende“ sind, wie uns NRW-Ministerin Mona Neubaur bei ihrem Besuch der Aufbauarbeiten bezeichnet hat. Schwimmende Photovoltaik-Anlagen sind – oder waren es bislang – für alle Genehmigungsbehörden absolutes Neuland. Hierzu mussten auf allen relevanten Genehmigungsebenen Fragen der Raumbedeutsamkeit, Bauleitplanung und zum Wasserrecht geklärt und eine Entscheidung darüber erwirkt werden, welche Behörde die Genehmigung federführend übernimmt. Unsere Anlage wurde letztendlich als „Nebenanlage zum Kieswerk“ von Kreis (wasserrechtliche Genehmigung) und Stadt Wesel (bauordnungsrechtliche Genehmigung) bewilligt.  Die beteiligten Behörden haben hier hervorragend mit uns zusammengearbeitet, und gemeinsam haben wir das Projekt letztlich erfolgreich umgesetzt. Mittlerweile gibt es allerdings Regelungen, die Projekten wie diesem hohe Hürden setzen. Es wäre wünschenswert, wenn man diese Prozesse erleichtern würde.  

Holemans Geschäftsführer Michael Hüging-Holemans, Bürgermeisterin Ulrike Westkamp und Ladrat Ingo Brohl bei der feierlichen Inbetriebnhame von NRWs größter schwimmender Photovoltaik-Anlage im Holemans-Kieswerk Ellerdonk

  • Warum ist die Genehmigung der Anlage befristet?

Dr. Jürgen Fröhlich: Weil wir hier „Vorreiter der Energiewende“ sind, wie uns NRW-Ministerin Mona Neubaur bei ihrem Besuch der Aufbauarbeiten bezeichnet hat. Schwimmende Photovoltaik-Anlagen sind – oder waren es bislang – für alle Genehmigungsbehörden absolutes Neuland. Hierzu mussten auf allen relevanten Genehmigungsebenen Fragen der Raumbedeutsamkeit, Bauleitplanung und zum Wasserrecht geklärt und eine Entscheidung darüber erwirkt werden, welche Behörde die Genehmigung federführend übernimmt. Unsere Anlage wurde letztendlich als „Nebenanlage zum Kieswerk“ von Kreis (wasserrechtliche Genehmigung) und Stadt Wesel (bauordnungsrechtliche Genehmigung) bewilligt.  Die beteiligten Behörden haben hier hervorragend mit uns zusammengearbeitet, und gemeinsam haben wir das Projekt letztlich erfolgreich umgesetzt. Mittlerweile gibt es allerdings Regelungen, die Projekten wie diesem hohe Hürden setzen. Es wäre wünschenswert, wenn man diese Prozesse erleichtern würde.  

Holemans fördert an insgesamt sieben Standorten am Niederrhein, im Osnabrücker Land und in der Kölner Bucht Kies und Sand. Die Anlage in Ellerdonk ist die zweite schwimmende PV-Anlage des Unternehmens – am Kieswerk Hochfeld in Issum bei Kamp-Lintfort ist seit 2023 bereits eine deutlich kleinere Anlage dieser Art mit einer Leistung von 516 Kilowattpeak pro Jahr in Betrieb.

  • Sind noch weitere schwimmende Anlagen in Planung?

Dr. Jürgen Fröhlich: Wir planen derzeit an zwei weiteren Standorten die Erzeugung von erneuerbaren Energien auf Basis von PV-Anlagen: im Tagebau Vernich im Kreis Euskirchen und im Kieswerk Schwegermoor im Osnabrücker Land in Niedersachsen. Die Anlage in Schwegermoor soll ebenfalls als Floating-PV-Anlage ausgeführt werden, während im Tagebau Vernich kein Wasser anfällt und daher eine landgestützte Anlage errichtet werden soll.

Vielversprechende Studien 

Anders als bei Photovoltaik-Freiflächenanlagen werden die Solarmodule bei Floating-PV-Anlagen auf Schwimmkörpern installiert und können deshalb auf einem stehenden Gewässer platziert werden. Mit Blick auf mögliche Auswirkungen auf Flora und Fauna sind erste Studien der Fachhochschule Groningen zum Einsatz schwimmender PV-Anlagen in den Niederlanden bereits sehr vielversprechend. Es hat sich etwa gezeigt, dass rastende Zugvögel die dortigen PV-Anlagen als sicheren Übernachtungsort nutzen. Auch konnten nach einem Jahr Beobachtungszeit keine Auswirkungen auf nahrungssuchende Fledermäuse, die Unterwasservegetation oder den Fischbestand festgestellt werden. Ebenso scheinen schwimmende Solarparks die Bildung einer sogenannten Sprungschicht, also einer Übergangsschicht zwischen zwei Wasserschichten mit unterschiedlichen Temperaturen, nicht einzuschränken. 

Text: Redaktionsbüro Schacht11  
Bilder: Holemans GmbH

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