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Urban zero: Duisburg-Ruhr­ort wird enkel­fähig

Dieser Versuch ist bislang weltweit einmalig: Bis 2029 will Urban Zero den Duisburger Stadtteil Ruhrort in ein umweltneutrales Quartier transformieren. Das Ziel: null Belastungen für Umwelt und Klima – zumindest bilanziell. Klingt extrem ambitioniert. Ist es auch. Urban Zero holt deshalb Menschen und Initiativen vor Ort ebenso ins Boot wie Unternehmen und Forschende aus der Region. Man setzt unter anderem auf Partizipation, Transparenz und die Stärke der Gemeinschaft. Und Alexandra Alferi, Kommunikationsbeauftragte bei Urban Zero, ist überzeugt: „Mit den Ruhrortern ist die Null zu schaffen.“ So oder so: Urban Zero liefert unmittelbar aus der Metropole Ruhr heraus die Blaupause für nachhaltigen Stadtwandel in gänzlich neuen Dimensionen.

Gefördert im Rahmen der Umweltwirtschaftsstrategie: Umweltwirtschaft Green Economy - stark in NRW

Es geht um Klimaschutz, um Biodiversität, den Schutz von Böden und Gewässern. Und zugleich geht es um mehr Lebensqualität für die Menschen in Ruhrort, um eine Verbesserung auch ihrer wirtschaftlichen und sozialen Situation. Zukunftsthemen, für die alle an einem Strang ziehen müssen. Etwas, sagt Alferi, was man kann in Ruhrort, „weil die Menschen hier schon immer offen und engagiert waren, weil sie sich stark machen für ihren Stadtteil, aber auch gerne kritisch nachfragen.“

2022August

Vor gut zwei Jahren haben das Familienunternehmen Haniel und die Bottroper Greenzero GmbH um Dr. Dirk Gratzel Nägel mit Köpfen gemacht und sich das gemeinsame Ziel gesetzt, in Ruhrort nachhaltige Veränderungen anzustoßen. Unterstützung kam von der Stadt, dem Land und aus der Wirtschaft. An der im August 2022 gegründeten Projektgesellschaft etwa sind neben Haniel und Greenzero insbesondere die Duisburger Wohnungsbaugesellschaft GEBAG sowie die duisport – Duisburger Hafen AG beteiligt. Führende Forschungs- und Lehreinrichtungen des Ruhrgebiets – die Universität Duisburg-Essen, die FH Dortmund, die Universität Witten-Herdecke und das Fraunhofer Umsicht aus Oberhausen etwa – begleiten das Vorhaben zudem mit wissenschaftlicher Expertise und Projekten. 

Man denkt und handelt also groß im Hafenstadtteil an Rhein und Ruhr. Ziel ist es nicht nur, Ruhrort zu einem umweltneutralen Stadtteil zu transformieren. Wenn das Vorhaben gelingt, kann Urban Zero zur Blaupause für urbane Transformationsvorhaben werden – in anderen Teilen Duisburgs, im Ruhrgebiet, in NRW, sogar international. Auch die gelebte Kooperation zwischen Haniel als Wirtschaftsakteur und der GEBAG als kommunaler Institution ist wegweisend, um gemeinsam gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen“, sagt Peter Weidig, Geschäftsführer von Urban Zero, und meint damit jenen unternehmerischen Anspruch, den man gern mit dem Begriff „enkelfähig" umschreibt.

„Haniel hat im Zuge der Industrialisierung eine Pionierleistung im Ruhrgebiet erbracht. Im Verbund mit Wirtschaft, Wissenschaft und Bürgerschaft setzen wir das nun im Bereich Nachhaltigkeit fort.“ Aus Verantwortungsbewusstsein für die Region und auch, um das Ruhrgebiet für Fachkräfte attraktiv zu halten.

Alexandra Alferi
5.700Menschen wohnen auf vier Quadratkilometern Fläche

Das Projekt selbst ist in drei Phasen unterteilt: Analyse, Reduktion und Kompensation. Phase eins ist bereits abgeschlossen. In den vergangenen Monaten wurde die weltweit erste Lebenszyklusanalyse (Life Cycle Assessment/LCA) für ein urbanes Quartier – für vier Quadratkilometer Fläche und rund 5.700 Menschen –erstellt. Eine Ökobilanzierung für den gesamten Stadtteil. Erfasst wurden alle menschlichen Einflüsse auf die Umwelt in Ruhrort, auf das Wasser, die Böden, die Biodiversität. Der komplette ökologische Fußabdruck. Eine Kostenaufstellung, wenn man so will. Jetzt heißt es, einzuzahlen.

100Einzelprojekte sollen realisiert werden

Dies geschieht beispielsweise durch die ökologische Aufwertung von Brachflächen, Urban Farming-Projekte, Leerstandsinitiativen oder flächendeckende Gebäudesanierungen sowohl im unternehmerischen wie im privaten Bereich. In den kommenden Jahren will Urban Zero über 100 Einzelprojekte, darunter auch ein alternatives Mobilitätskonzept, realisieren, um die negativen Umweltbelastungen so weit wie möglich herunterzufahren. 

Katrin Witthaus, ebenfalls Geschäftsführerin bei Urban Zero, fasst die wichtigsten Ansätze zusammen: „Das Ruhrort-LCA und eine Potenzialanalyse haben ergeben, dass wir im Bereich Energie und Gebäude sowohl das größte Emissionsaufkommen haben als auch das höchste Reduktionspotenzial. Diesen Hebel gehen wir zuerst an. Die Schwerpunkte liegen auf der Gebäudesanierung, um den Energiebedarf zu reduzieren, sowie auf einem regenerativen Strom- und Wärmekonzept, möglichst als selbstversorgende Quartierslösung. Gleichzeitig bereiten wir erste Flächen für die Kompensation von verbleibenden Umweltkosten vor.“

 

Eine fixe Summe, die bis 2029 für das Gesamtvorhaben zur Verfügung steht, gibt es indes nicht. Urban Zero setzt auf einen Mix aus öffentlichen Fördergeldern, gezieltem Sponsoring, den Mitteln der Projektgesellschaft und dem finanziellen Engagement der Immobilieneigentümerinnen und -eigentümer. 

Wie gesagt: Ohne, dass alle an einem Strang ziehen, klappt es nicht. Und genau deshalb lautet eine der wichtigsten Aufgaben auch, alle Menschen in Ruhrort mitzunehmen, gemeinsam Lösungen zu finden. „Eine umweltbewusstere Gestaltung des Alltags kann nur aus eigener Motivation erfolgen, um Stück für Stück zur Reduktion der Umweltkosten, beispielsweise über das eigene Mobilitäts- und Konsumverhalten, beizutragen. 

Schlussendlich werden Umsetzbarkeit, Wirtschaftlichkeit und Akzeptanz darüber entscheiden, mit welchen Maßnahmen Ruhrort zu einem umweltneutralen Quartier wird“, resümiert Witthaus.

2029soll das Ziel des klimaneutralen Quartiers erreicht sein

Es geht also auch um Transparenz und Teilhabe. Mehrere hundert Mal wurde die eigene Quartiers-App bereits heruntergeladen, eingebettet ist hier auch die Möglichkeit, eine persönliche Lebenszyklusanalyse zu erstellen und so die Basisdaten des Projekts zu optimieren. 

Im Mai 2023 eröffnete mit dem „UMWELT-lokal“ zudem ein eigenes Quartiersbüro in Ruhrort, das kostenlos informiert, berät und Ideen ebenso sammelt wie Kritik. Witthaus: „Die Bürgerinnen und Bürger sind diejenigen, die ihren Stadtteil zu dem machen, was er ist. Sie leben hier, und sie müssen sich hier wohlfühlen. Dass dies in einem so industriell geprägten Stadtteil auch im Einklang mit ökologischer Gesundheit funktioniert, versuchen wir mit Urban Zero zu ermöglichen.“

Die große Null soll bis 2029 stehen. Man wolle, sagt Alexandra Alferi, schneller sein als die anderen. „Man muss sich hohe Ziele setzen, um diesen Zielen so nah wie möglich zu kommen. 

Hätten wir uns 2045 auf die Fahne geschrieben, dann wären wir 2029 wahrscheinlich nicht so weit, wie wir sein werden.“ Und wenn in fünf Jahren unterm Strich immer noch eine rote Zahl steht, ist Urban Zero dann gescheitert? 

„Nein. Denn alles, was wir bis dahin geschafft haben, ist mehr, als wir geschafft hätten, wenn wir gar nicht erst angefangen hätten.“

Ansprechpersonen im Stadtteil

Das „UMWELT-lokal“ an der Weinhagenstraße 23 ist mittwochs von 15.30 bis 18.30 Uhr sowie freitags von 14 bis 18 Uhr geöffnet. www.urbanzero.de

Text: Redaktionsbüro Schacht11  
Bilder: Haniel; Urban Zero; Peter Jacques; Ulla A. Giesen; Hans Blossey  

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