Zum Seiteninhalt springen Zum Seitenfuß springen
Panorama-Ansicht der Brachfläche 6-Seen-Wedau in Duisburg mit Wasserturm im Vordergrund
Filter setzen Immobilien

Wie sieht ein Stadtquartier von morgen aus?

Drei neue Flächenentwicklungen entstehen in den kommenden Jahren in Duisburg, geplant und umgesetzt von der Stadt Duisburg und der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft GEBAG. Mit 60 Hektar ist 6-Seen-Wedau das größte dieser Projekte. Dort sollen in den nächsten Jahren rund 3.000 neue Wohnungen, Bildungs- und Betreuungseinrichtungen, eine neue Infrastruktur sowie vielfältige Freizeitmöglichkeiten in direkter Wasserlage entstehen. Das Projekt strahlt weit über die Stadtgrenzen von Duisburg hinaus und ist derzeit eines der größten Stadtentwicklungsprojekte in Nordrhein-Westfalen.

Wie neue Quartiere entstehen und unter welchen Bedingungen solch große Projekte geplant werden können, erzählt Dr. Svenja Haferkamp, Prokuristin und Bereichsleiterin „Strategie, Nachhaltigkeit und Innovation“ bei der GEBAG, im Interview.

Bild: Wasserturm 6-Seen-Wedau. Copyright: Ilja Höpping/Stadt Duisburg.

  • Die GEBAG ist verantwortlich für das Projekt 6-Seen-Wedau. In welcher Phase befindet sich das Projekt 6-Seen-Wedau?

Dr. Svenja Haferkamp: Bei der Entwicklung von 6-Seen-Wedau sind wir derzeit in der Vermarktungsphase, in der wir ungefähr Halbzeit haben. Wir haben die Fläche 2019 erworben und soweit aufbereitet. Jetzt vermarkten wir nach Losen. 

  • Welche Fragen stehen bei der Entwicklung von 6-Seen-Wedau im Vordergrund?

Dr. Svenja Haferkamp: Die Fragen, die uns jeden Tag beschäftigen, sind: Wie sieht so ein zukünftiges Stadtquartier aus? Was an Altbewährtem können wir umsetzen, welche Innovationen bringen wir ein? Was mögen die Duisburgerinnen und Duisburger, denen wir dort ein Zuhause bieten wollen? Wie kann man die Flächen an den Markt bringen, damit auch Partnerinnen und Partner diese nachhaltige Vision der Stadt von Morgen mit uns tragen wollen und wer sind überhaupt die richtigen Partnerinnen und Partner? 

Es geht dabei um alle Fragen der integrierten Stadtentwicklung – von Mobilität über Gesundheit, gastronomische Fragen, Bildungsangebote, Kultureinrichtungen und letztendlich die Frage, wie die Menschen dort leben wollen und wie das Ganze bezahlbar zu gestalten ist. 

Da sich diese 120 Hektar [von 6-Seen-Wedau, Technologie-Quartier-Wedau und Duisburger Dünen zusammen, Anmerkung der Redaktion] durch die GEBAG im kommunalen Eigentum befinden, haben wir auch die Möglichkeit, neue Mobilitätskonzepte ganzheitlich zu denken. Ein Ansatz, den wir gerade in einer Machbarkeitsstudie prüfen, ist eine urbane Seilbahn über die neuen Flächen. Wir wollen die neuen Stadtteile bestmöglich mit den bestehenden Quartieren verzahnen. Das Thema Mobilität als Vorsorgeinfrastruktur muss dabei von Anfang an mitgedacht werden.

  • Was zeichnet das Projekt 6-Seen-Wedau bzw. den neuen Stadtteil besonders aus?

Dr. Svenja Haferkamp: Wir verfolgen bei der gesamten Entwicklung Nachhaltigkeitsaspekte. Durch die Revitalisierung dieser Brachfläche können wir stadtbaulich neue Akzente setzen. Der geplante Freiflächenanteil von fast 60 Prozent wird sicherlich dazu beitragen, 6-Seen-Wedau zu einem lebenswerten Ort zu entwickeln, der sich bestmöglich in die bestehende Stadtstruktur integriert. Der große Lärmschutzwall zur Bahnstrecke hat dafür gesorgt, dass Ruhe eingekehrt ist und es öffnet sich der Blick zur 6-Seen-Platte. Das hat stadträumliche Effekte, die auch dem Umfeld guttun. 

Für uns ist aber ganz wichtig, dass wir 6-Seen-Wedau mit der Entwicklung im Technologie-Quartier-Wedau zusammendenken. Durch die Ansiedlung eines neuen Technologiezentrum setzen wir Akzente, die Beschäftigung mit sich bringen, die aber auch für innovative junge Unternehmen, Start-ups und Spin-offs eine Heimat und vor allen Dingen der Universität Duisburg-Essen einen neuen Campus bieten. 

Zur Person

Dr. Svenja Haferkamp leitet seit August 2022 den Bereich Strategie, Nachhaltigkeit und Innovation der GEBAG Duisburger Baugesellschaft mbH. Dazu gehören die Themenfelder Unternehmensstrategie, strategische Ausrichtung großer Stadtentwicklungsprojekte in der Fläche und im Bestand, Nachhaltigkeit sowie Innovationsmanagement. Dr. Svenja Haferkamp hat an der Ruhr-Universität Bochum im Bereich Geografie mit dem Schwerpunkt Stadt- und Regionalentwicklung promoviert. Sie ist zudem als Vorstand im Verein Baukultur Nordrhein-Westfalen aktiv.

  • Wie kann es einer Kommune – in diesem Fall Duisburg – gelingen, eine vormals anderweitig genutzte Fläche in einen neuen Stadtteil umzuwandeln?

Dr. Svenja Haferkamp: Es war kein einfacher Prozess, die Fläche durch die GEBAG als Stadttochter in kommunale Hand zurückzuholen. Dafür bedarf es viel Mut. Dort wo andere eine Brachfläche sehen, braucht es Köpfe, die sich vorstellen können, dass dort in zehn bis fünfzehn Jahren Menschen leben, wohnen, arbeiten, und diese Vision dann gemeinschaftlich nach vorne tragen. Da ist die GEBAG mit dem Geschäftsführer Bernd Wortmeier ein wichtiger und treibender Akteur. Das wäre aber nicht gelungen, wäre die Stadt diese Entscheidung nicht gleichermaßen mitgegangen – und das gleich drei Mal. Wir haben ja nicht nur die 6-Seen-Fläche, sondern eben auch das Technologie-Quartier-Wedau und die Duisburger Dünen, wo es nur ein kleines Zeitfenster gab, das einen kommunalen Erwerb überhaupt möglich gemacht hat. 

  • Unter welchen Bedingungen kann im Ruhrgebiet noch gebaut werden? Welche Chancen, welche Herausforderungen sehen Sie?

Dr. Svenja Haferkamp: Die Herausforderungen beim Thema Bauen sind jene, die auch die gesamte Branche betreffen: gestiegene Baukosten, fehlende Flächen, die Zinswende und die Suche nach Fachkräften. 

Eine wichtige Frage ist – und das zeigen die Duisburger Erfahrungen –, ob wir Grund und Boden verfügbar haben und das auch zu angemessenen Preisen. Da fällt der erste Blick unweigerlich auf das Thema Brachflächen-Revitalisierung, das im Ruhrgebiet historisch bedingt eine besondere Bedeutung hat.  Um eine nachhaltige Entwicklung solcher Flächen möglich zu machen, ist zudem entscheidend, welche Rolle die öffentliche Hand einnehmen kann. Dass Duisburg seine kommunale Gestaltungshoheit mit den Flächenerwerben gestärkt hat, ist hier sicher eines unserer Erfolgsgeheimnisse.

Der andere Weg sind verlässliche Rahmenbedingungen. Bis dato hatten wir in Nordrhein-Westfalen eine sehr verlässliche Wohnraumförderung, mit der wir gut agieren konnten – sowohl bei unseren Neubauprojekten, als auch bei der Bestandsentwicklung. Die Frage, die uns in den letzten Wochen und Monaten umgetrieben hat, ist, wie sich der Bund verhält und in welchem Umfang öffentliche Fördermittel zur Verfügung stehen werden. Eine Quartiersentwicklung wie 6-Seen-Wedau streckt sich über mindestens 10 Jahre. Da braucht es Kontinuität, Verlässlichkeit und eine Förderkulisse, mit der man planen kann.
Ich glaube, dass das Ruhrgebiet unglaubliche Chancen hat. Es ist eine Region, die bereits durch Transformation geprägt ist und jetzt einfach die nächsten Schritte in der Transformation geht – gemeinschaftlich mit Kommunen, Wirtschaft und der Wissenschaft als starkem Universitätsstandort. Das Ruhrgebiet kann Themen der Zukunft gemeinschaftlich neu adressieren und neue Akzente setzen.

  • Sie setzen sich für Nachhaltigkeit im Bauen ein. Was verstehen Sie darunter? Wie zeigt sich das in den aktuellen Projekten der GEBAG?

Dr. Svenja Haferkamp: Wir haben in meinem Bereich eine eigene Abteilung, die das Thema Nachhaltigkeit ganzheitlich vertritt. Wir wissen aber, dass das immer ein Aushandlungsprozess ist zwischen ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekten. Da habe ich immer Zielkonflikte, die es im Abwägungsprozess auszuhandeln gilt, auch mit den Bewohnerinnen und Bewohnern vor Ort. Das ist eine Aufgabe, der wir uns stellen.

Als GEBAG sind wir sozusagen zweigleisig unterwegs. Bei der GEBAG Flächenentwicklung in den neuen Quartieren können wir Nachhaltigkeit von Grund auf neu denken. Wir können mit den Investorinnen und Investoren in den Diskurs gehen, wie ein nachhaltiges Gebäude von morgen aussieht, wie eine Schwammstadt oder eine wasserresiliente Stadt gebaut werden können. Wir setzen uns mit Themen wie Zirkularität und Cradle-to-Cradle bis hin zu integrierten und ganzheitlichen Energie- und Wärmeversorgungskonzepten auseinander. 

Die größere Herausforderung sehen wir allerdings im Bestand. Dazu gehören Quartiere, die seit Jahrzehnten in der Städtebauförderung stecken und die Gebäudebestände haben, die nicht in der Energieeffizienzklasse A bis B liegen, sondern noch darunter. Darauf legen wir selbstverständlich den Fokus unserer Bestandsentwicklung. Zudem kaufen wir leerstehende Immobilien an, die heute oft als Problemimmobilien tituliert werden – für uns aber als Innovationsräume viel mehr als Potenzialimmobilien gelten. Vor allem hier versuchen wir als GEBAG wichtige Akzente zu setzen.

Mehr über die GEBAG

Die GEBAG ist das größte kommunale Wohnungsunternehmen der Stadt Duisburg mit 12.600 Wohneinheiten, über 140 Gewerbeimmobilien, 120 Hektar Fläche und über 220 Mitarbeitenden. Das Unternehmen realisiert in den kommenden Jahren die drei großen Stadtentwicklungsprojekte Duisburger Dünen, 6-Seen-Wedau und Technologie-Quartier-Wedau. Die GEBAG wurde 1872 als Duisburger Gemeinnützige Baugesellschaft AG gegründet und zählt heute zu den ältesten Wohnungsbaugesellschaften Deutschlands. Weitere Informationen finden Sie unter www.gebag.de.

Das könnte auch interessant sein:

Renderansicht der Levi Strauss & Co. Immobilie

Drees & Sommer: „Das Ruhrgebiet hat Leute, die Bock haben.“

Zum Interview
Abgebildet ist ein modernes Hochhausf für Büroflächen, die Front ist komplett verglast.

Immobilienbörse Ruhrgebiet

Jetzt entdecken

Informieren Sie sich zu Immobilienprojekten im Ruhrgebiet.

Lydia MatthiasProjektmanagerin
Strukturpolitik & Investorenservice